Im Medizinalgarten von Bom Sucesso

Heute berichte ich von einem Höhepunkt der Expeditionsreise im Inselstaat São Tomé, nämlich von der Urwaldwanderung im Obô Nationalpark rund um den mit 1630m höchsten Berg des Landes, den „Pico Ana Chaves“. „Obô“ bedeutet in der Sprache der Einheimischen übrigens so viel wie „Regenwald“. Doch zunächst möchte ich einige der Heilpflanzen vorstellen, die im Medizinalgarten des Botanischen GartensBom Sucesso“ wachsen und die Fülle der medizinisch nutzbaren Pflanzen dieses kleinen Inselstaates repräsentieren.

Insgesamt kommen im Obô Nationalpark mehr als 900 Pflanzen vor, von denen rund 150 endemisch sind, also nur in São Tomé anzutreffen sind. Dazu gehören zum Beispiel spezielle Arten der folgenden Heilpflanzen:

  • Gengribe (Wilder Ingwer): wird eingesetzt gegen Koliken, Impotenz und Asthma
  • Quinine (Chinin-Baum): dessen Rinde enthält Anti-Malaria Wirkstoffe und Alkaloide, die verwendet werden, um Bluthochdruck zu behandeln 
  • Folha d’amina (Bryophyllum pinnatum): natürlicher Schmerzlinderer gegen Kopfschmerz und Antiseptikum – die Flüssigkeit wird mithilfe von kleinen Löchern in der Rinde gewonnen
  • Wilder Zimt-Baum: daraus wird Tee gegen Bauschmerzen gemacht
  • Guêguê Falso (Polycias Quintasil) Aus der Rinde wird ein wohltuendes Massageöl gewonnen

Bisher ist leider kaum eine der Pflanzen ausgewertet. Daher werden sie auch nicht kommerziell genutzt, obwohl dies sicher eine gute und sinnvolle Einnahmequelle für die Einheimischen wäre. In Zusammenarbeit mit der Universität Coimbra in Portugal wurde zusammen mit über 40 lokalen Heilkundigen innerhalb von 15 Jahren ein Katalog medizinischer Pflanzen erstellt. Die Gesellschaft für Ethnoeubiotik e.V. (www.ethnoeubiotik.de) hat sich zur Aufgabe gemacht, genau diese Wiederentdeckung und Nutzung exotischer Heilpflanzen zu fördern. Wer dieses wichtige Anliegen unterstützen möchte ist herzlich eingeladen, zu spenden.

Auf meinem weiteren Weg durch den Nationalpark konnte ich noch zahlreiche weitere Heilpflanzen begutachten, von denen ich hier nur einige kurz vorstellen möchte:

Der Haronga-Baum (wissenschaftlicher Name: Hyfericaceae Harungana Madagascaricensis) aus der Familie der Johanniskrautgewächse ist im tropischen Afrika beheimatet und wird bis zu 10 m hoch. Er wird auch oft Drachenblutbaum genannt, und zwar deshalb, weil er einen leuchtend orangefarbenen Saft freisetzt, wenn man seine Blätter oder Äste abknickt. Da dieser Saft an der Luft blutrot wird, kombiniert man ihn in der einheimischen Medizin oft auch mit magischen Ritualen. Aus der Rinde und den Blättern des Haronga-Baumes werden ätherische Öle entnommen, die gegen Verdauungs- und Magenbeschwerden eingesetzt werden. In Sao Tomé und Gabun wird der Saft als Antiseptikum eingesetzt.

Die Mussinica (wissenschaftlicher Name: Prunus africana) oder auch „afrikanische Pflaume“ aus der Familie der Rosaceae ist ein immergrüner Baum mit dunkler, stark aufgerissener Rinde, der bis zu 35 m hoch werden kann. Er hat weiße Blüten und bildet rote Früchte aus. In der Heilkunde wird in erster Linie die Rinde verwendet, und zwar insbesondere bei Prostatavergrößerungen und Schmerzen beim Wasserlassen.

Auch der Cubango-Baum (wissenschaftlicher Name: Croton stelluliferus) aus der Familie der Euphorbiaceae kommt nur auf Sao Tomé vor. Über die medizinische Nutzung ist wenig bekannt. Auf Sao Tomé gilt der Baum nichtsdestoweniger als „magisch-medizinische“ Pflanze, aus deren Bestandteil ein Sud gegen den „bösen Blick“ gewonnen wird. 

Bei dem Macambrara (wissenschaftlicher Name: Craterispermum montanum) handelt es sich ebenfalls um einen nur auf Sao Tomé vorkommenden Baum, der von den Vereinten Nationen bereits auf die Liste der vom Aussterben bedrohten Pflanzen gesetzt wurde. In der traditionellen Medizin wird die Rinde – als Tee, Mazerat (=Kaltwasserauszug) oder in Form einer komplexen Komposition mit Honig, Rum, Mussinica und weiteren Pflanzen – als Stimulans und  Aphrodisiakum eingesetzt. Dass die Macambrara-Rinde bei den Einheimischen zu diesem Zweck nach wie vor häufig Verwendung findet, wird anhand des Fotos deutlich: An vielen Stellen sind Teile der Rinde entfernt worden…

Auch der Pau Três (wissenschaftlicher Name: allophyllus africanus) aus der Familie der Sapindaceae ist eine gefährdete Art. In der traditionellen Heilkunde Sao Tomés wird die Rinde dieses eher kleinen Baumes in erster Linier gegen Husten sowie in Form von Massageöl bei Magen- und Verdauungsprobleme (Diarrhö, Erbrechen) eingesetzt. Aber auch als Aphrodisiakum findet Pau Três Verwendung.

Von Bom Sucesso durch den Regenwald zur Roça Bombain

Nach der ausführlichen Begutachtung der Heilpflanzen im Medizinalgarten von Bom Sucesso rüstete ich mich nun mit Rucksack und Kamera bewaffnet für die lange beschwerliche Reise durch den Regenwald zur Roça Bombain, einer aus der portugiesischen Kolonialzeit stammenden Plantagenresidenz.
Mein Führer Fernando warnte mich vor dem Abmarsch noch vor diversen gefährlichen Spinnen sowie der Schwarzen Kobra, einer ca. 2 m langen äußerst giftigen aber zum Glück eher scheuen afrikanischen Schlangenart. 
Irgendwann erreichten wie den auf 1.483m liegenden„Lago Amalia“, einen riesigen Krater, der von hohen Bäumen und beeindruckenden typischen Begoniensträuchern umsäumt ist.  

Kurz vor der Roça wurden wir von den Bewohnern eines kleinen Dorfes entdeckt und sofort umringten uns mehr als 20 quirlige Einheimische, die unbedingt von mir fotografiert werden wollten. Die Ergebnisse des Fotoshootings betrachteten sie mit einer derart kindlichen Begeisterung, dass es eine wahre Freude war, sie dabei zu beobachten. Unter großem Gejohle konnte ich mich schließlich verabschieden und den Weg fortsetzen.

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